Mit der Selbstständigkeit geht für viele Menschen ein Traum in Erfüllung. Doch mit einer guten Geschäftsidee oder einer qualitativ hochwertigen Dienstleistung allein ist es nicht getan. Denn mit der Freiheit, Entscheidungen selbst treffen zu können, gehen eine Reihe von Pflichten einher – und die verlangen nicht selten ganz neue Fertigkeiten.
„Ich möchte mein eigener Chef sein“ – für zwei Drittel der Selbstständigen in Deutschland war dieser Aspekt der Hauptgrund für ihren Ausstieg aus der Angestelltenwelt. Etwas aufzubauen und eigene Ideen zu verwirklichen kann große Befriedigung mit sich bringen. Doch ein Unternehmen zu führen, birgt auch Herausforderungen. Denn plötzlich ist der Gründer komplett alleine für den Erfolg verantwortlich. Selbst kleinste Fehler können große Auswirkungen haben. Zudem sind als Unternehmer Kompetenzen gefragt, die mit dem eigentlichen Job wenig zu tun haben. Zum Beispiel muss ein Chef oder eine Chefin Netzwerke aufbauen und pflegen, Verhandlungen führen und Verträge schließen. Noch spannender wird es, wenn die Firma wächst. Dann gilt es, Mitarbeiter zu finden, nachhaltig zu motivieren und Aufgaben zu delegieren. Doch keine Panik: Mit ein paar Grundregeln meistert man jede Herausforderung.
1. Sie sind nicht allein
Kunden, Geschäftspartner und Mitarbeiter haben ein gemeinsames Ziel: ein Projekt zum Erfolg zu bringen. Holen Sie daher das gesamte Team frühzeitig mit ins Boot, lassen Sie alle ihre Wünsche und Erwartungen aussprechen und leben Sie eine offene Feedback-Kultur. Bei Konflikten sollten Sie als fairer Vermittler auftreten. Mit dieser Haltung bauen Sie Vertrauen zu allen Seiten auf – der erste Schritt für langjährige Geschäftsbeziehungen.
Dabei gilt: Fehler können immer passieren. Versuchen Sie auf keinen Fall diese zu kaschieren oder anderen in die Schuhe zu schieben. Seien Sie ehrlich und stehen Sie zu einem Lapsus. Das ist authentisch und stärkt im Idealfall das Miteinander. Gestehen Sie auf der anderen Seite Ihren Partnern Fehler zu und helfen Sie beim Ausbügeln.
2. Seien Sie sich Ihres eigenen Wertes bewusst
Gerade am Anfang gehen Selbstständige häufig Kompromisse ein. Aus finanzieller Sicht mag es notwendig erscheinen, doch schaden Sie sich langfristig. Denken Sie immer daran, warum Sie den Schritt zum Unternehmer gegangen sind: weil Sie etwas besonders gut können oder eine einzigartige Idee anbieten. Und dieses Angebot hat seinen Preis. Machen Sie sich daher in Verhandlungen nicht kleiner als Sie sind. Von einer guten Geschäftsbeziehung sollen beide Seiten profitieren. Betonen Sie freundlich, aber selbstbewusst, welchen Mehrwert Sie dem Kunden bieten. Wichtig: Verzichten Sie im Zweifel lieber auf einen Deal, als sich über Monate zu ärgern.
Tipp: Schlagen Sie zunächst einen Testlauf vor und schließen Sie eine Partnerschaft auf Probe. Leisten Sie gute Arbeit, fällt die Preisverhandlung im Anschluss viel leichter.
3. Welcher Typ Chef wollen Sie sein?
Wenn aus der Ein-Mann/Frau-Show ein größeres Unternehmen wird, muss sich der Gründer mit dem Thema Mitarbeiterführung auseinandersetzen. Dabei gilt: Nur wer Aufgaben delegieren kann, kann sein Unternehmen weiterentwickeln. Wichtig ist es, sich im Vorfeld darüber Gedanken zu machen, wie man sein Team leiten will. Sehen Sie sich eher als Diktator oder geben Sie lange Leine? Der Sozialpsychologe Kurt Lewin hat verschiedene Chef-Typen definiert; es kann helfen, sich mit seiner Theorie zu beschäftigen. Doch bleiben Sie dabei immer authentisch. Im Alltag fährt man meist mit einer Mischform am besten: Vertrauen Sie dem Team, aber seien Sie deutlich, wenn jemand das Vertrauen missbraucht.
4. Halten Sie die Motivation hoch
Grundvoraussetzung für gegenseitiges Vertrauen ist gute Kommunikation: Sprechen Sie regelmäßig mit Ihrem Team (dazu zählen auch Ihre Kunden, siehe Punkt 1). Lassen Sie Kritik zu, seien Sie offen für Ideen. Und bedenken Sie, dass manche Menschen lieber frei arbeiten, während andere einen engeren Austausch mit dem Chef brauchen. Sprechen Sie darüber. Führen Sie mindestens einmal im Jahr ein Mitarbeitergespräch und halten Sie die Ergebnisse schriftlich fest. Im internen Kreis gilt: Ein angemessenes Gehalt ist vielen Mitarbeitern zwar wichtig, aber langfristig hält vor allem ein gutes Arbeitsklima die Motivation hoch. Dazu zählen flexible Arbeitszeiten, eine faire Work-Life-Balance und gemeinsame Aktivitäten.
5. Formulieren Sie Ihre Ziele
Ein eigenes Unternehmensleitbild hilft Ihnen, den Kurs im Blick zu behalten und Aufgaben zu priorisieren. Was ist Ihre Vision, wie wollen Sie diese mit Leben füllen und welche konkreten Ziele haben Sie? Es empfiehlt sich, das Konzept mit den Mitarbeitern zu besprechen oder gar zu entwickeln. Veranstalten Sie dazu ein Teammeeting. Das geht im Zweifel sogar virtuell über Software wie MS Teams, Skype oder Zoom. Für ein besseres Miteinander können Sie einen Teamtag durchführen, bei dem auch der Freizeitspaß nicht zu kurz kommt.
All diese Grundregeln kosten vor allem eins: Zeit. Und die ist gerade bei Unternehmern häufig knapp. Neben einem guten Zeitmanagement kommt es als Unternehmer darauf an, gut zu priorisieren. Und geben Sie bestimmte Routine-Aufgaben ab – zum Beispiel die Buchhaltung. Lassen Sie sich Getränke ins Büro liefern und stellen Sie eine Reinigungskraft ein. All das kostet zwar Geld, bringt Ihnen aber wertvolle Stunden. Diese gilt es, klug zu nutzen: für Mitarbeitergespräche, Akquise oder für Briefings. Sich ausreichend Zeit zu nehmen, zeigt Kunden wie Kollegen Wertschätzung und Respekt und sorgt im Endeffekt für bessere Ergebnisse.
Ansonsten gelten die Regeln für ein gutes Miteinander: Hören Sie aufmerksam zu, fragen Sie nach und sparen Sie nicht mit (berechtigtem) Lob. Und erinnern Sie sich immer daran, was Sie bei Ihren früheren Vorgesetzten nicht leiden konnten.